Sofies verkehrte Welt

Zucker in Lebensmitteln: Rätsel für Verbraucher

Zucker versüßt viele Nahrungsmittel. Den Konsumenten schmeckt es und das sichert der Branche hohe Umsätze und Gewinne. Doch Angaben auf Verpackungen zum Zuckergehalt können täuschen  Sogar saure Gurken und Tütensuppen lassen sich so besser verkaufen. Die Tricks der Lebensmittelindustrie:

 

Viele fertige Lebensmittel enthalten Zucker. Foto: sia
Viele fertige Lebensmittel enthalten Zucker. Wie viel von dem Süßmachergenau drin steckt, lässt sich aber kaum nachvollziehen. Angaben auf den Verpackungen sind verwirrend. Foto: sia

Zu viel Zucker macht krank, da sind sich Wissenschaftler einig. Fest steht auch, dass die meisten Menschen mehr davon essen, als gut für sie ist. Die Weltgesundheitsorganisation WHO will deshalb die maximal empfohlene tägliche Zuckermenge halbieren. Doch Verbraucher haben es schwer, ihren Konsum zu kontrollieren. Zuckerangaben auf Verpackungen können täuschen oder fehlen ganz. Das ist tückisch, denn den meisten Zucker nehmen wir über fertige Lebensmittel zu uns. Er steckt nicht nur in Süßigkeiten, sondern auch in Suppen, Feinkostsalaten oder Tee. Selbst Essig kann größere Mengen enthalten. Dieser Mangel an Transparenz ist von der Lebensmittelindustrie gewollt. Zucker ist billig und schmeckt. Produkte lassen sich mit ihm besser verkaufen. Mit welchen Tricks die Branche arbeiten, zeigt ein Testeinkauf der Süddeutsche Zeitung (Grafik):

Keine Angaben zum Zuckergehalt

Besonders verwirrend ist es, wenn Zucker zwar in der Zutatenliste steht, aber ohne Mengenangabe. Dort ist dann nur der Brennwert angegeben. Beispiel dafür sind die getrockneten Cranberries von Seeberger. Wer mehr über den Zuckergehalt wissen will, muss auf die Homepage schauen. Erst dort fällt auf, dass die gesüßten Beeren fast genauso viel Zucker enthalten wie Gummibärchen. „Die Firma möchte den hohen Zuckergehalt offensichtlich vertuschen“, sagt Silke Schwartau von der Verbraucherzentrale Hamburg. Hier fehle es auf dem Etikett an Transparenz.

Geschönte Zuckerbilanz

Hersteller verwenden mehrere Zuckerarten und mischen versteckte Süßmacher dazu wie Glukosesirup, Maltodextrin oder Fruktosesirup. Die müssen laut Gesetz nur teilweise in der Angaben enthalten sein. Ein Beispiel sind die Gummibärchen von Haribo. „Das täuscht die Verbraucher, weil die Zuckerangabe auf den ersten Blick relativ niedrig erscheint“, meint Schwartau. Erkennbar ist der höhere Zuckergehalt nur an den Kohlenhydratangaben. Neben Zucker fanden die Verbraucherzentralen bei einem Marktcheck in unterschiedlichen Lebensmitteln 70 weitere Süßmacher.

Kleinrechnen mit Mini-Portionen

Hersteller setzen Portionsgrößen zu niedrig an. Beispiel ist das Dr. Oetker Vitalis Multifrucht Müsli. Die Portion ist mit 40 Gramm angesetzt. „Ein Erwachsener isst aber meistens mehr, mindestens 60 bis 80 Gramm“, sagt Schwartau. Außerdem enthalten: Viele versteckte Süßmacher.

Zucker, wo man ihn nicht vermutet

Auch in salzigen, pikanten und sauren Lebensmitteln steckt Zucker. Bei 100 Gramm Hawesta Heringsfilets in Toskana-Sauce sind das knapp fünf Gramm. Selbst in Meßmer Tee, Marokkanischer Masir mit Minze-Honig-Geschmack, steckt ein Süßmacher: Honiggranulat, bestehend aus Maltodextrin und Honig. „Da wird der Kunde hinters Licht geführt. Hier erwartet der Kunde Minze und Honig“, sagt Schwartau.

 

Gesetzlich geregelte Angaben und was sie bedeuten:

Ohne Zuckerzusatz: Dem Produkt dürfen keine Ein- und Zweifachzucker wie Trauben- oder Haushaltszucker oder andere Lebensmittel mit süßender Wirkung zugesetzt wurden. Jedoch darf mit Süßstoffen (etwa Aspartam) und Zuckeraustauschstoffen (etwa Sorbit) gesüßt werden.

Reduzierter Zuckergehalt: Das Produkt hat mindestens 30 Prozent weniger Zucker als vergleichbare Lebensmitteln.

Zuckerarm: Ein Lebensmittel darf maximal 5 g Zucker pro 100 g oder bei flüssigen Lebensmitteln maximal 2,5 g Zucker pro 100 ml enthalten.

Zuckerfrei: Ein Restgehalt von maximal 0,5 g Zucker pro 100 g oder 100 ml ist trotzdem gesetzlich erlaubt.

Mit Traubenzucker: Es handelt sich bei Traubenzucker (Glukose) nicht etwa um einen besonders gesunden Zucker. Zwar hat er im Vergleich zum Haushaltszucker eine geringere Süßkraft, aber der Energiegehalt ist derselbe.Das kann zu einer höheren Dosierung führen.

Mit Fruchtzucker/Süße aus Früchten: Fruchtzucker oder Fruchtzuckersirup besitzen eine höhere Süßkraft als herkömmlicher Haushaltszucker und sind meist preiswerter.

 

Erschienen am 25. Januar 2014 in der Süddeutschen Zeitung

Weitere Informationen Verbraucherzentrale Hamburg