Liebe als Zutat
Was, wenn Firmen ihren Kunden Zuneigung versprechen? Liebe öffnet nicht nur Herzen, sondern auch den Geldbeutel. Ein paar nicht so ernst gemeinte Gedanken zum einem sehr ernsten Thema….

Müttern wird gerne nachgesagt, dass sie die Pausenbrote für ihren Nachwuchs mit viel Liebe schmieren. Was aber, wenn die Mama gerade einmal keine Lust hat oder gestresst ist? Bleibt die Liebe dann auf der Strecke? Und wenn ja, welchen Schaden richtet das beim Nachwuchs an? Schwer zu sagen, verlässliche Studien dazu gibt es nicht. Klar ist nur: Schon innerhalb der Familie, die geradezu als Hort der Liebe gilt, ist die Sache nicht einfach.
Deutlich komplizierter wird es, wenn der Bäcker um die Ecke verspricht, sein Brot sei mit Liebe gebacken. Selbst Hersteller von Badehosen machen sich das große Versprechen zu eigen. Weitere Fragen drängen sich auf: Wie groß mag wohl die Liebe der Näherin in Bangladesch sein, deren magerer Lohn noch nicht einmal zum Leben reicht? Und wie bitteschön prüft der Bäcker das emotionale Potenzial seines Personals? Von Lügendetektoren ist bekannt, dass sie leidlich funktionieren. Aber Liebesdetektoren?
Wer den Begriff „mit Liebe gemacht“ googelt, dem schwant, welch ungeahntem Ausmaß an Emotionen er tagtäglich in der Konsumwelt ausgesetzt ist: Hotels, Restaurants, Reiseanbieter, Schmuckläden, Schreinereien, ja selbst Plastikschüsseln werden mit einer Extraportion an Zuwendung beworben. Knapp drei Millionen Treffer sind ein schlagender Beweis dafür, dass die Liebe nicht nur Herzen öffnet, sondern vor allem den Geldbeutel.
Verbraucher in Deutschland sind derlei unerwünschten Liebesbekundungen weitgehend ungeschützt ausgesetzt. Handhabe dagegen gibt es kaum, wie die Wettbewerbszentrale bestätigt. Im Gegensatz zu Gesundheitsversprechen aller Art, die durch EU-Gesetze genau geregelt sind und kontrolliert werden.
Regelrecht auf die Spitze getrieben hat es allerdings eine Großbäckerei im US-Bundesstaat Massachusetts. Und das brachte ihr prompt Ärger mit der Gesundheits- und Lebensmittelbehörde FDA ein. Der Hersteller begnügte sich nicht allein mit den Versprechen, er habe seine Frühstücksflocken mit Liebe hergestellt. Er setzte diese auch gleich noch auf die Zutaten-Liste – völlig kalorienfrei versteht sich. Dafür gab es nun eine Abmahnung. „Liebe“ sei kein gängiger Name für eine Zutat, monierte die Kontrollbehörde, die noch mehr zu beanstanden hatte: unhygienische Umstände bei der Herstellung und Lagerung von Lebensmitteln.
Das rückt den nächsten Besuch beim Bäcker in ein völlig neues Licht. Vermutlich wäre es weit aus sicherer, einfach nur ein ordentlich gemachtes Brot nach Hause zu tragen.